12. Türchen: Engel

Engelraum Ausschnitt

Ich bin nicht Ich

Ich bin jener,
der an meiner Seite geht,
ohne dass ich ihn erblicke,
den ich oft besuche,
und den ich oft vergesse.
Jener, der ruhig schweigt, wenn ich spreche,
der sanftmütig verzeiht, wenn ich hasse,
der umherschweift, wo ich nicht bin,
der aufrecht bleiben wird, wenn ich sterbe.

Jiménez

Dieses Engelbild gehört zur Engelraum-Installation: hier

10. Türchen: Ikone Violetter Engel

Groß wie ein Pfahl

Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein,
die Engel.
Sie gehen leise, sie müssen nicht schrein,
oft sind sie alt und hässlich und klein,
die Engel.
Sie haben kein Schwert, kein weißes Gewand,
die Engel.
Vielleicht ist einer, der gibt dir die Hand,
oder er wohnt neben dir, Wand an Wand,
der Engel.
Den Hungernden hat er Brot gebracht,
der Engel.
Dem Kranken hat er das Bett gemacht,
und er hört, wenn du ihn rufst, in der Nacht,
der Engel.
Er steht im Weg und er sagt: Nein,
der Engel,
groß wie ein Pfahl und hart wie ein Stein –
es müssen nicht Männer mit Flügeln sein,
die Engel.

Rudolf Otto Wiemer


„Unfähigkeit“

Man verwechselt sehr oft Zersplitterung der Kräfte mit Vielseitigkeit, und ebenso umgekehrt Einseitigkeit der Arbeit, die stark macht, mit einseitiger Ausbildung, die entkräftet. Die meisten Menschen sind von Natur derartig vorgebildet, dass nur die allseitige Entwicklung ihrer Fähigkeiten sie rüsten kann, mit wirklichem Erfolg tätig zu sein nach einer Seite.

Georg Baron von Örtzen

 

Der Seelenspiegel ist momentan in der Treppengalerie des Ateliers MaMuK zu sehen.

 

„Können“

Nichts wäre passiert, wenn wir so lange gewartet hätten, bis wir etwas so gut können, dass niemand mehr Mängel finden würde.

John Henry Newman

 

Ausgerechnet der Bildteil „Können“ aus meiner Installation „Seelenspiegel“ lag eines morgens zerbrochen auf dem Boden. Der gläserne Würfel samt Spiegel hatte sich vom Untergrund gelöst. Eigentlich war es ganz gut so, denn mit diesem Bildteil war ich noch nicht zufrieden. Irgendwie stimmte es noch nicht ganz.

„Können“ suggeriert Perfektion, Vollkommenheit, Abgeschlossenheit, Beendigung. So gesehen ist die „Unfähigkeit“ eigentlich sogar erstrebenswerter, da sich hier etwas im Prozess befindet. Wohin strebt denn die „Unfähigkeit“ und wohin strebt das „Können“?

Sieht man das „Können“ als erstrebtes Ziel an so ist das hochmütig. Der „Hochmut“ sonnt sich im Glanz von etwas Abgeschlossenem, Vergangenem und es entwickelt sich nichts Neues daraus.

So sah auch mein Bilddteil „Können“ aus, bevor es zerbrach. Perfekte geometrische Linien und ein perfekter gläserner Würfel – nichts mehr hinzuzufügen, fertig, Endprodukt. Sieht so „Können“ aus? Wo sieht man die Mühe, das Streben, das sich in Geduld übende Fortentwickeln, das Zukünftige?

Jetzt ist aus dem Bildteil „Können“ eine Entwicklungs-Baustelle geworden:

„Können“ ist in Arbeit!

 

Der Seelenspiegel ist momentan in der Treppengalerie des Ateliers MaMuK zu sehen.