„Engel -Bilder“ – Einzelausstellung, Mannheim

Ikone Blauer Engel IV

 

Die Engel-Bilder von Marion Musch sind meist zurückhaltend, mehr in der Andeutung auf extrem schmalen und hohen Leinwänden dargestellt. Bevorzugte Maltechnik der Künstlerin ist Eitempera.
Die Bilder entstanden in der Auseinandersetzung mit Texten und Gedichten bekannter Engel-Lyriker(innen) von Rose Ausländer bis Rainer Maria Rilke.
Neben den großformatigen Bildern sind serielle graphische Arbeiten und Engel-Ikonen in der Ausstellung zu sehen.

Dauer der Ausstellung: 9.5. – 26.7.2017
Vernissage: Freitag, 19.5.2017 um 19 Uhr

21. Türchen: Ikone Blauer Engel VI

Immer noch hat der Engel recht

Immer noch hat der Engel recht, immer noch ist die Erde das Wunder. Der Engel mag uns weltfremd scheinen, ich glaube jedoch, dass jene weltfremder, blinder sind, welche die Welt nur als Verzweiflung sehen. Die Erde hängt nicht im Nichts, sie ist ein Teil der Schöpfung.
Das ist ein Unterschied.

Friedrich Dürrenmatt


17. Türchen: Ikone Blauer Engel I

Die Visite

Als ich aufsah von meinem leeren Blatt,
stand der Engel im Zimmer.

Ein ganz gemeiner Engel,
vermutlich unterste Charge.

Sie können sich gar nicht vorstellen,
sagte er, wie entbehrlich sie sind.

Eine einzige unter fünfzehntausend Schattierungen
der Farbe Blau, sagte er,

fällt mehr ins Gewicht der Welt
als alles, was sie tun oder lassen,

gar nicht zu reden vom Feldspat
und von der großen Magellanschen Wolke.

Sogar der gemeine Froschlöffel, unscheinbar wie er ist,
hinterließe eine Lücke, Sie nicht.

Ich sah es an seinen hellen Augen, er hoffte
auf Widerspruch, auf ein langes Ringen.

Ich rührte mich nicht. Ich wartete,
bis er verschwunden war, schweigend.

Enzensberger


16. Türchen: Das Nahe

 

„Ich ließ meinen Engel lange nicht los“ Vertonung von Michael Knopp. Die „Engel-Lieder“ sind im CD-Shop von Michael Knopp erhältlich.

 

Ich ließ meinen Engel lange nicht los,
und er verarmte mir in den Armen
und wurde klein, und ich wurde groß:
und auf einmal war ich das Erbarmen
und er eine zitternde Bitte bloß.

Da hab ich ihm seine Himmel gegeben, –
Und er ließ mir das Nahe, daraus er entschwand;
Er lernte das Schweben, ich lernte das Leben,
und wir haben langsam einander erkannt…

R. M. Rilke


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