„Können“

Nichts wäre passiert, wenn wir so lange gewartet hätten, bis wir etwas so gut können, dass niemand mehr Mängel finden würde.

John Henry Newman

 

Ausgerechnet der Bildteil „Können“ aus meiner Installation „Seelenspiegel“ lag eines morgens zerbrochen auf dem Boden. Der gläserne Würfel samt Spiegel hatte sich vom Untergrund gelöst. Eigentlich war es ganz gut so, denn mit diesem Bildteil war ich noch nicht zufrieden. Irgendwie stimmte es noch nicht ganz.

„Können“ suggeriert Perfektion, Vollkommenheit, Abgeschlossenheit, Beendigung. So gesehen ist die „Unfähigkeit“ eigentlich sogar erstrebenswerter, da sich hier etwas im Prozess befindet. Wohin strebt denn die „Unfähigkeit“ und wohin strebt das „Können“?

Sieht man das „Können“ als erstrebtes Ziel an so ist das hochmütig. Der „Hochmut“ sonnt sich im Glanz von etwas Abgeschlossenem, Vergangenem und es entwickelt sich nichts Neues daraus.

So sah auch mein Bilddteil „Können“ aus, bevor es zerbrach. Perfekte geometrische Linien und ein perfekter gläserner Würfel – nichts mehr hinzuzufügen, fertig, Endprodukt. Sieht so „Können“ aus? Wo sieht man die Mühe, das Streben, das sich in Geduld übende Fortentwickeln, das Zukünftige?

Jetzt ist aus dem Bildteil „Können“ eine Entwicklungs-Baustelle geworden:

„Können“ ist in Arbeit!

 

Der Seelenspiegel ist momentan in der Treppengalerie des Ateliers MaMuK zu sehen.

Veröffentlicht von

Marion Musch

#Künstlerin #Kunsttherapeutin #Kindertherapeutin